An der vom Rotary Club St. Wendel und Infoteam Organspende Saar (IOS) organisierten Veranstaltung nahmen fast 100 Personen teil. der Rathaussaal in Tholey war voll besetzt. Die große Teilnehmerzahl zeigte, dass die Organisatoren das richtige Thema, aber auch die richtigen Podiumsteilnehmer ausgewählt hatten, um das Interesse des Publikums zu wecken-
Im Podium saßen Ministerin Monika Bachmann, Dr. Ana Paula Barreiros, geschäftsführende Ärztin der Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) Region Mitte, Prof. Dr. Urban Sester Uni
Homburg, Leiter des Transplantationszentrums,
Dr. Martin Bier Chefarzt der Anästhesie Krankenhaus Ottweiler und St. Wendel und Transplantationsbeauftragter beider Krankenhäuser, Hanna Schmitt, Nierenlebendspenderin aktives Mitglied des IOS
und Ina Schafbuch, sie wartet seit einigen Jahren auf eine Organspende. Moderiert wurde die Veranstaltung von Frau Vera Dallmann.
In einem beeindruckenden, teilweise sehr emotionalen, Impulsvortrag der Ministerin Monika Bachmann, hat sie wieder einmal mehr klar gemacht, wie wichtig Organspende und die Bereitschaft dazu ist.
Im Podium wurden im Anschluss viele Aspekte der Organspende angefangen von der Lebendspende, über die Warteliste, den Hirntod bis hin zum sehr aktuellen Thema Widerspruchslösung diskutiert.
Auch erhielten die Zuhörer Einblicke in die Arbeit eines Transplantationsbeauftragten in den Entnahmekliniken und eines Transplantationszentrums.
Zuerst kamen die Betroffenen zu Worte:
Ina Schafbuch aus Marpingen steht auf der Warteliste für eine Nieren-transplantation. „Mein Mann hätte mir gerne eine Niere gespendet. Doch die Untersuchungen ergaben, dass seine Niere nicht
geeignet ist. Damals fiel er aus allen Wolken, als er das erfuhr“, berichtet die 60-Jährige. Seit 2016 muss sie regelmäßig an die Dialyse. Alltagserleichternd ist, dass Ina Schafbuch die
Dialysebehandlung zu Hause eigenständig vornehmen kann. Das geht mit der sogenannten Peritonealdialyse. Bei diesem Verfahren dient das Bauchfell als körpereigener Filter. Die Dialyselösung fließt
über einen Katheter im Bauchraum in den Körper. Ina Schafbuch schließt sich jeden Abend vor dem Schlafengehen an das Dialysegerät an: „So hänge ich jede Nacht acht Stunden an der Dialyse.
Tagsüber versuche ich, meinen Alltag zu meistern, was aber immer schwieriger wird.“ Da diese Heimdialyse zeitlich auf einige Jahre befristet ist – da die Filterleistung des Bauchfells nachlässt –
hofft Ina Schafbruch täglich auf eine passende Spenderniere.
Hanna Schmitt spendete 2008 ihrer damals 28-jährigen Tochter eine Niere. Dies sei die beste Entscheidung ihres Lebens gewesen. Hanna Schmitt erinnert sich: „Nach der langen schweren Erkrankung meiner Tochter fiel mir die Entscheidung im ersten Moment leicht. Als ich mich für die Lebendspende entschlossen hatte, gingen mir tausend Fragen durch den Kopf, die sich jeder vor der Entscheidung stellen sollte. Was ist, wenn die verbleibende Niere krank wird? Was ist, wenn die Niere abgestoßen wird? Kann man nachher noch arbeiten? Was ist wenn ein anderer Angehöriger auch eine Niere bräuchte? ...Letztendlich ist die Frage, die ich mir beantworten musste: Kann ich die Folgen der Entscheidung akzeptieren und damit weiterleben?“
Jeder Mensch ist sich selbst der Nächste und sollte sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzen“, sagt sie. Ihre Tochter habe zwei Jahre gebraucht, um das Geschenk der Mutter anzunehmen. „Sie
hatte Angst, dass mir etwas passiert. Eines Tages kam sie dann zu mir und fragte, ob mein Angebot noch stehe. Ich habe aus Liebe gespendet. Doch, auch wenn es das eigene Kind ist, es war eine
schwere Entscheidung.“
Eine sehr tiefgehende Diskussion entwickelte sich im Anschluss um das Thema Hirntod und das zugrunde liegende Konzept dazu.
Herr Prof. Sester ging u.a. auf die prinzipiellen Verfahren zur Warteliste ein. Es gibt pro Organ eine nationale Warteliste. Ohne dass ein Patient in der Warteliste steht, kann er nicht transplantiert werden. Der Impuls zur Aufnahme in die Warteliste und zur Vorstellung im Transplantationszentrum geht oft vom behandelten Arzt, manchmal aber auch direkt vom Patienten aus. Durch das Transplantationszentrum werden die notwendigen Vorbereitungsuntersuchungen koordiniert und dann in einer interdisziplinären Transplantationskonferenz gesichtet. Wenn keine medizinischen Gründe dagegen sprechen, wird der Patient dann in die Warteliste aufgenommen. Die Priorisierung auf der Warteliste wird von Eurotransplant nach deutschen organspezifischen Vorgaben durchgeführt.
Hier erläuterte Frau Dr. Ana Paula Barreiros und Dr. Martin Bier folgende Punkte:
Das Hirntodkonzept existiert seit 50 Jahren. Die Verfahren zur Feststellung des Hirntodes werden laufend dem aktuellen Stand der Medizin bzw. Technik angepasst.
Juristische Voraussetzung nach dem Transplantationsgesetzt, dass jemand Organe spenden kann, ist der Hirntod. Entnahmen nach Herzstillstand, wie in fast allen europäischen Ländern erlaubt, sind
in Deutschland verboten.
Der Hirntod muss durch zwei unabhängige neurologische Spezialisten festgestellt werden.
Die Spezialisten führen den Nachweis unabhängig voneinander, nach genau festgelegten Vorgehensweisen durch und dokumentieren die Ergebnisse in Protokollen. Diese Protokolle werden im Anschluss verglichen. Die Untersuchung wird mit zeitlichem Abstand mehrmals wiederholt. Heute sind die bildgebenden Verfahren zum Nachweis der Hirntodfeststellung Standard.
Hirntote, deren Ausfall des Gesamthirns nicht nach den vorgeschriebenen Verfahren festgestellt wird, sind für die Organspende verloren.Es dürfen dann keine Organe entnommen werden.
Nach Feststellung des Hirntodes finden die Angehörigengespräche statt. In diesen Gesprächen werden die Angehörigen über den mutmaßlichen Willen des gestorbenen Angehörigen zur Organspende befragt. Bei einer Zustimmung zur Organspende können die Organe dann entnommen werden.
Zum Ende der Veranstaltung wurde die Widerspruchslösung beleuchtet. Von fast allen Teilnehmern des Podiums wird diese befürwortet.
Hierbei kamen zwei unterschiedliche Argumente, warum diese eingeführt werden soll zur Diskussion:
Die Fragen und Beiträge aus dem Publikum ließen die Skepsis vieler Anwesenden zu der Widerspruchslösung erkennen. Es wurden folgende Punkte diskutiert:
In der Runde war man sich einig, dass die jetzt verabschiedeten gesetzlichen Änderungen, mit dem Fokus auf den Kliniken mit Intensivstationen, den Erkennungsprozess von Hirntoten und den Meldeprozess von potentiellen Spendern zur DSO, die Spenderzahlen positiv beeinflussen werden.
Organspenderin Hanna Schmitt sieht in dem Umgang mit den Angehörigen und der Würdigung der Organspender Nachholbedarf: „Für die Angehörigen ist der pietätvolle Umgang mi dem Leichnam ein hochsensibles Thema. Auf der anderen Seite muss die lebensrettende Bereitschaft der Spender mehr Würdigung in der Gesellschaft erfahren.“
Als Entscheidungshilfe für potenzielle künftige Organspender gibt Ina Schafbuch folgendes mit auf den Weg: „Jeder sollte sich mal vorstellen, was wäre, wenn er selbst Betroffener wäre. Wenn man sich darüber Gedanken macht, kommt man schnell zu einer Entscheidung.“
Die Teilnehmer gingen mit sehr viel Sachinformationen, aber auch emotionalen Eindrücken der Betroffenen nach Hause. Die beste Basis, um für sich seine persönlich Entscheidung zur Organspende zu treffen.
Klaus Schmitt